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11.11.2007 “Open Mike“.....oder doch lieber Klagenfurt...?

Seit 1993 gibt es in Berlin den „Open Mike“ – Wett- bewerb, von dem manche despektierlich als „Klein-Klagenfurt“ sprechen, seine Befürworter hingegen das Etikett „Wichtigster Förderwettbewerb für den schriftstellerischen Nachwuchs im deutschsprachigen Raum“ heraushängen.

Soeben wurde der diesjährige Preisträger durch die „Literaturwerkstatt Berlin“ gekürt. Aus mehr als 660 Einsendungen vorermittelten 6 Lektoren die Finalisten, dieses Jahr 21 an der Zahl, die, wie sämtliche Wettbewerbsteilnehmer, nicht älter als 35 Jahre und zuvor noch nicht als Buchautor in Erscheinung getreten sein durften. Eine 3-köpfige Jury legte schließlich den Sieger fest. Wer die Lektoren bestimmte, nach welchen Regularien sich die schlußendlich entscheidende Jury zusammensetzte, geht leider aus den Ausschreibungsunterlagen, wie auch in den Vorjahren, nicht hervor. Nimmt man das Archiv zur Hand, so fällt auf, daß inzwischen schon mal ehemalige Wettbewerbsteilnehmer den Sprung in die Jury schafften.

Der selbstverkündete wichtigste deutsche Literaturpreis für Nachwuchs- autorinnen und –autoren demnach zu Gast bei Freunden? Ein Wettbewerb, der quasi „unter sich“ ausgetragen wird, die Entscheider auf Augenhöhe mit den Prüflingen? Autoren urteilen über Autoren?


Nachstehend ein Auszug aus dem diesjährigen Siegertext:
(Johann Trupp: Parallelgestalten)

Jemand lag ausgebreitet auf dem Asphalt, der leicht nach Regen roch, in einer Menschenmenge, deren pochende rosa Herzen und grüne Gedanken jemand glaubte hören zu können, irgendwo, nicht fern von mir. Ich wurde nass. Habe den Regen von meiner Nase tropfen hören, habe meine neuen Schuhe auf ihre Festigkeit geprüft, fehlte im Unterricht und hatte zwei ungleiche Augen. Jemand las gerne Bücher, die jemand nicht imstande zu verstehen war. Hatte zwei ungleiche Augen, die nie zu seinen Hemden paßten, war stets traurig und hatte Fernweh. Die Wärme des Busses lässt die eisigen Fenster von innen beschlagen, ich lege meine Hände ans Fenster und spüre die Feuchtigkeit in meine Poren vordringen. Es liegt viel Schnee, aber ich habe eine bescheidene Kindheit und meine Socken kratzen.......

.........Die Kabine riecht säuerlich, wir stehen splitternackt im Kreis, vergleichen unsere Glieder und sind nicht verlegen. Ich hab nicht den Längsten, aber den Schönsten, er ist gerade, nicht krumm oder nach links gezogen wie bei den anderen.....

......Ohren füllen sich mit Wasser, mir ist dumpf, kleine Kinder entsorgen ihren Schweiß und Urin im Pool. Es ist Sommer, dessen Ende ich nicht abwarten kann, ich bekomme Busen. Kleine eckige, runde Ereignisse füllen mein Leben. Mal im Gesicht, mal die Beine entlang. Das Wasser ist bissig, chlorhaltig und will nicht nach Pisse riechen. Die Ameisen im Gras sind gerade nicht da, die Sonne ist kratzig und ich höre meinen Eltern beim Streiten nicht zu.......






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