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Buch des Monats


Hier stellen wir Ihnen "Das Buch des Monats" vor. Die Auswahl erhebt keinen Anspruch auf Allgemeingültigkeit, sie orientiert sich auch nicht an den gängigen Publikationen über die aktuelle literarische Szene, sondern spiegelt einzig und allein die subjektive Meinung und das Literaturverständnis der Redaktion wider.

Wir werden uns zwar immer alle erdenkliche Mühe bei unserer Auswahl geben. Gleichwohl können wir nicht ausschließen, daß unser ausgesuchtes Buch des Monats nicht immer ungeteilten Beifall findet. Doch dieses Risiko wollen wir in Kauf nehmen.




Das Buch des Monats November 2017
Titel: Wie die Steeple SINDERBY Wanderers den POKAL holten
Autor(en): J. L. Carr
Verlag: DuMont, Köln (191 Seiten / € 20,00)
ISBN-Nr.: 3-8323-9854-2

Manche Autoren werden spät für den deutschen Buchmarkt entdeckt, oft erst nach ihrem Ableben, das nicht selten schon weit zurückliegt. So auch J. L. Carr. Der Dumont-Verlag hat sich seiner angenommen, veröffentlichte als bisher einziger Verlag 2016 als erstes „Ein Monat auf dem Land“, den erfolgreichsten seiner insgesamt acht Romane, die Carr in seinem Leben schrieb. Die nun vorliegende deutsche Ausgabe von „Wie die Steeple SINDERBY Wanderers den POKAL holten“ (wieder brillant übersetzt von Monika Köpfer) brachte Dumont schon bald danach heraus (2017), und man kann den Verlag nur befeuern, auch die weiteren Werke von Carr dem deutschen Markt zugänglich zu machen. Autoren seines Kalibers sind dünn gesät und werden arg vermißt.

Das hier besprochene Buch ist – der Titel verrät es andeutungsweise – eine kuriose, eine aberwitzige Geschichte, in deren Mittelpunkt der Fußball steht. Wirklich der Fußball? Oder vielleicht doch mehr die Protagonisten der Erzählung, eben die Fußballer, die Spieler und deren Anhang, die Mitglieder der Fußballmannschaft, die das schier Unmögliche schafft, nämlich als mehr oder weniger ungeschlachter Dorf-Fußballclub den Sieg beim britischen Fußball-Pokal zu erringen. Und das fast im wahrsten Sinne des Wortes. Ja, es sind die Menschen des Dorfes und seiner Umgebung, tief verwurzelt in die triste Ödnis der Hochmoore von Yorkshire. Der Pastor stürmt auf der rechten Seite, ein Lehrer ist aktiver Spielertrainer, als Sekretär und Protokollführer, sozusagen als Libero des Vereinsbetriebs, fungiert ein ehemaliger Theologiestudent. Lauter skurrile, kauzige, im anderen Leben erfolglose wie glorreiche Typen sowohl auf dem wie neben dem Rasen, ein Vereinspräsident, der von Fußball tatsächlich so gut wie nichts versteht, ein Schulrektor, der ihm im Nichtwissen in nichts nachsteht, aber einen Punkteplan für den unbedingten Erfolg der elf Männer auf dem holprigen Vereinsplatz aufstellt. Und dieser Plan geht sensationell auf.

Köstlich zu lesen, nicht – wie es fast naheliegt zu vermuten – Klamauk und Klamotte ob des Unmöglichen, sondern feinsinnige, über das Burleske weit hinausgehende Literatur. Wie jeder Clown auch andere Botschaften in seinen Sahnetorten-Orgien mitschwingen läßt, so auch hier Carr in seiner völlig unglaubhaften, überdrehten Geschichte. Letzteres räumt er gerne auch selbst ein. In seinen „Vorbemerkungen“ läßt er uns wissen: „Aber ist diese Geschichte glaubhaft? Nun, das hängt davon ab, ob Sie sie glauben wollen.“

Carr war Engländer, wurde 1912 geboren, starb 1994, war Lehrer, nahm am Zweiten Weltkrieg als Angehöriger der britischen Luftwaffe teil, kehrte nach Kriegsende in den Lehrerberuf zurück, widmete sich ab 1967 dann ausschließlich der Schriftstellerei.

Hinweis:
Vorherige "Bücher des Monats" können Sie weiterhin in unserem Archiv einsehen.




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