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Aus der Welt der Literatur



2003-07-24
Eine banale Geschichte (Hemingway;

Eine Erzählung von vierzehn..

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Textauszug:

Also aß er eine Apfelsine und spukte langsam die Kerne aus. Draußen verwandelte sich der Schnee in Regen. Drinnen schien der elektrische Ofen keine Hitze abzugeben, und er stand vom Schreibtisch auf und setzte sich auf den Ofen. Wie angenehm das war! Hier wenigstens war Leben.
Er langte nach einer zweiten Apfelsine. Weit weg in Paris hatte Mascart Danny Frush in der zweiten Runde dumm und dämlich geschlagen. Weit weg in Mesopotamien waren einundzwanzig Fuß Schnee gefallen. Drüben im fernen Australien verbesserten die englischen Kricketspieler ihre Wickets. Dort gab´s Romantik.
Gönner der Wissenschaften und schönen Künste haben 'Das Forum', das er las, entdeckt. Die Zeitschrift ist der Führer, Philosoph und Freund der denkenden Minorität. Preisgekrönte Kurzgeschichten - werden ihre Autoren den Publikumserfolg von morgen schreiben?
Sie werden diese warmen, hausbackenen, amerikanischen Erzählungen, Ausschnitte des wirklichen Lebens auf einer Farm, in überfüllten Siedlungen, oder im gemütlichen Heim, alle mit einer gesunden Unterströmung von Humor, mit Genuß lesen.
Die muß ich lesen, dacht er.
Er las weiter. Unsere Kindeskinder - na und? Welche denn? Neue Mittel müssen entdeckt werden, um einen Platz für uns an der Sonne zu finden. Soll dies durch Krieg oder kann es durch friedliche Methoden geschehen?
Oder werden wir alle nach Kanada auswandern müssen?`
Unsere tiefsten Überzeugungen - wird die Wissenschaft sie umstoßen? Unsere Kultur - steht sie älteren Wertordnungen nach?
Und unterdessen erklangen in den weit entfernten, triefenden Dschungeln von Yukatan die Äxte der Gummibaumfäller. Brauchen wir große Männer - oder brauchen wir kultivierte? Nehmen Sie Joyce. Nehmen Sie Prädident Coolidge. Welchem Stern sollen unsere Studenten nacheifern? Da ist Jack Britton. Da ist Dr. Henry Van Dyke. Kann man die beiden miteinander in Einklang bringen? Denken Sie an den Fall von Young Stribling.
Und was soll mit unseren Töchtern werden, die ihr eigenes Lebensschiff steuern müssen? Nancy Hawthorne ist gezwungen, ihr Lebensschiff auf dem Meer des Lebens selbst zu steuern. Mutig und vernüftig sieht sie den Problemen, die an jedes achtzehnjährige Mädchen herantreten, ins Auge.
Es war eine großartige Broschüre.
Sind Sie ein junges Mädchen von achtzehn jahren? Nehmen Sie den Fall der Jungfrau von Orleans. Nehmen Sie den Fall von Bernard Shaw. Nehmen Sie den Fall von Betsy Ross.
Denken Sie an die Ereignisse im Jahre 1925. - Gab es in der Geschichte der Puritaner eine gewagte Seite? Gibt es zwei Meinungen über Pocahontas? Hatte sie eine vierte Dimension?
Sind moderne Bilder - und Gedichte - Kunst? Ja und Nein. Nehmen Sie Picasso.
Gibt es einen "Knigge" für Landstreicher? Lassen Sie Ihren Geist auf Abenteuer ziehen!
Überall gibt es Romantik. Die Mitarbeiter des 'Forum' treffen den Nagel auf den Kopf, sind voller Humor und Witz. Aber sie versuchen nicht, oberschlau zu sein, und sind niemals weitschweifig.
Leben Sie ein volles Geistesleben, durch neue Ideen angeregt, berauscht von der Romantik des Außergewöhnlichen! Er legte die Broschüre hin.
Und unterdessen lag in einem verdunkelten Zimmer in seinem Haus in Triana Manuel Garcia Maera in seinem Bett, flach ausgestreckt, mit einem Schlauch in jeder Lunge, und ging an einer Lungenentzündung zugrunde. Alle Zeitungen Andalusiens widmeten ihm, bei seinem seit Tagen erwarteten Tode, Extrabeilagen. Männer und Jungens kauften lebensgroße, farbige Bilder von ihm zur Erinnerung und büßten das Bild, das sie von ihm im Gedächtnis hatten, durch das Anschauen der Lithographien ein. Alle Stierkämpfer atmeten bei der Todesnachricht erleichtert auf, weil er in der Arena ständig das tat, was sie nur manchmal tun konnten. Alle marschierten im Regen hinter seinem Sarg her, und einhundertsiebenundvierzig Stierkämpfer folgten ihm zum Friedhof hinaus, wo man ihn in dem Grab neben Joselito begrub. Nach dem Begräbnis saßen alle vorm Regen geschützt in den Cafés, und viele farbige Bilder von Maera wurden an Männer verkauft, die sie zusammenrollten und in ihre Taschen steckten.



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