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Aus der Welt der Literatur



2008-10-16
Herbsttag (Rainer Maria Rilke)

Herbst. Zeit der Besinnung. Noch einmal flammt die Natur, ein letztes Aufbäumen in trunkenen, geheimnisvollen Mustern und Farben, willkommene Müdigkeit. Wehmütiges Erinnern an vergangene Tage, leise Furcht vor jenen, die nun kommen. Bei keinem der großen Lyriker fehlt das Lied des Herbstes, oft in der späten Schaffensphase geschrieben, im Herbst des eigenen Lebens.

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Herbsttag (Rainer Maria Rilke)


Herr: es ist Zeit. Der Sommer war sehr groß.
Leg deinen Schatten auf die Sonnenuhren,
Und auf den Fluren laß die Winde los.

Befiehl den letzten Früchten voll zu sein;
Gib ihnen noch zwei südlichere Tage,
Dränge sie zur Vollendung hin und jage
Die letzte Süße in den schweren Wein.

Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr.
Wer jetzt allein ist, wird es lange bleiben,
Wird wachen, lesen, lange Briefe schreiben
Und wird in den Alleen hin und her
Unruhig wandern, wenn die Blätter treiben.



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