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Aus der Welt der Literatur



2008-08-31
Auf einer Bank (Mascha Kaléko)

Mascha Kaléko wäre 2007 hundert Jahre alt geworden. Sie wurde als Kind jüdischer Eltern in einem kleinen Ort in Galizien (heutiges Polen) geboren, kam noch in ihrer Kindheit nach Deutschland, wo sie hauptsächlich in Berlin lebte und arbeitete. 1938 emigrierte sie vor Hitlers Schergen in die USA, kehrte erstmals 1956 nach Deutschland zurück. 1960 siedelte sie nach Israel über, wo ihr literarisches Schaffen, ihre Lyrik keine Anerkennung fanden. Überall war sie einsam, überall eine Fremde. Sie starb im Januar 1975 in Zürich, wurde 67 Jahre alt. Ihr einziges Kind, ihren ebenfalls künstlerisch ambitionierten Sohn, verlor sie 1968, seinen Vater, ihren zweiten Mann, ein Jahr vor ihrem eigenen Tod.
Ihre innere Zerrissenheit, ihr Schmerz über Verlust und Verlorenes kommen in vielen ihrer Prosa- und Lyriktexte zum Ausdruck, so auch in diesem Gedicht.

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Auf einer Bank (Mascha Kaléko)

In jenem Land, das ich einst Heimat nannte,
Wird es jetzt Frühling wie in jedem Jahr.
Die Tage weiß ich noch, so licht und klar,
Weiß noch den Duft, den all das Blühen sandte,
Doch von den Menschen, die ich einst dort kannte,
Ist auch nicht einer mehr so, wie er war.

Auch ich ward fremd und muß oft Danke sagen.
Weil ich der Kinder Spiel nicht hier gespielt,
Der Sprache tiefste Heimat nie gefühlt
In Worten, wie die Träumenden sie wagen.
Doch Dank der Welle, die mich hergetragen,
Und Dank dem Wind, der mich an Land gespült.

Sagst du auch ‚stars’, sind´s doch die gleichen Sterne,
Und ‚moon’, der Mond, den du als Kind gekannt.
Und Gott hält seinen Himmel ausgespannt,
Als folgte er uns nach in fernste Ferne,
(Des Nachts im Traum nur droht die Mordkaserne)
Und du ruhst aus vom lieben Heimatland.





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