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Aus der Welt der Literatur



2008-04-11
Einer Negerin im Harlem-Expreß (Mascha Kaléko)

Mascha Kaléko galt vielen als volkstümliche Lyrikerin, deren Sprache, deren Verse – mitunter salopp, burschikos, unweit des Clownesken – auch Menschen ohne ausgeprägten Hang zur schöngeistigen Literatur erreichten. Doch immer wieder schrieb sie auch Zeilen, die von jenem Schmerz, von jener Verlorenheit künden, die sie zeitlebens begleiteten. Von denen sie gezeichnet war, sie und alle anderen Menschen, deren Schicksal dem ihrem glich und die sie in ihre Klage einbezog.
Mascha Kaléko wäre vor wenigen Monaten hundert Jahre alt geworden. Sie wurde als Kind jüdischer Eltern in einem kleinen Ort in Galizien (heutiges Polen) geboren, kam noch in ihrer Kindheit nach Deutschland, wo sie hauptsächlich in Berlin lebte und arbeitete. 1938 emigrierte sie in die USA, kehrte erstmals 1956 nach Deutschland zurück. 1960 siedelte sie nach Israel über, wo ihr literarisches Schaffen, ihre Lyrik keine Anerkennung fanden. Überall war sie einsam, überall eine Fremde. Sie starb im Januar 1975 in Zürich, wurde 67 Jahre alt. Ihr einziges Kind, ihren ebenfalls künstlerisch ambitionierten Sohn, verlor sie 1968, seinen Vater, ihren zweiten Mann, ein Jahr vor ihrem eigenen Tod.

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Einer Negerin im Harlem-Expreß (Mascha Kaléko)


Dunkles Mädchen eines fremden Stammes,
Tief im Dschungel dieser fremden Stadt,
Deiner Augen schwarzverhangne Trauer
Sagt mir, was dein Herz gelitten hat.

Immer möchte ich dich leise fragen:
Weißt du, daß wir heimlich Schwestern sind?
Du, des Kongo dunkelbraune Tochter,
Ich, Europas blasses Judenkind.

Von der Schmach, die Abkunft zu verstecken,
Schützt dich, allen sichtbar, deine Haut.
- Vor der andern Haß, da sie entdecken,
Daß sie dir „versehentlich“ getraut.







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