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Aus der Welt der Literatur



2007-12-13
Herbstlicher Vers (Mascha Kaléko)

Mascha Kaléko wäre vor wenigen Wochen hundert Jahre alt geworden. Sie wurde als Kind jüdischer Eltern in einem kleinen Ort in Galizien (heutiges Polen) geboren, kam noch in ihrer Kindheit nach Deutschland, wo sie hauptsächlich in Berlin lebte und arbeitete. 1938 emigrierte sie in die USA, kehrte erstmals 1956 nach Deutschland zurück. 1960 siedelte sie nach Israel über, wo ihr literarisches Schaffen, ihre Lyrik keine Anerkennung fanden. Überall war sie einsam, überall eine Fremde. Sie starb im Januar 1975 in Zürich, wurde 67 Jahre alt. Ihr einziges Kind, ihren ebenfalls künstlerisch ambitionierten Sohn, verlor sie 1968, seinen Vater, ihren zweiten Mann, ein Jahr vor ihrem eigenen Tod.
Mascha Kaléko lebte in ihren Gedichten, die Gedichte waren ihr Leben, geschrieben in einer meist unauffälligen, unprätentiösen Sprache. Vielleicht deshalb wirkt ihre Lyrik auf eine ganz besondere Weise nach, fügt am Ende jene kleinen Verwundungen zu, wie sie nur wahre Literatur zu tun imstande ist.

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Herbstlicher Vers (Mascha Kaléko)

Nun schickt der Herbst das Leuchten in die Wälder.
Grellbunte Brände lodert jedes Blatt.
Wie welkt das Herz dem wandermüden Fremden,
Der nur die Einsamkeit zur Heimat hat...

Schon fegt der Sturm den Sommer in die Gosse.
Im Park der Ahornbaum schreit blutigrot.
Der Regen weint die immergleichen Tropfen,
Und auf den Wiesen riecht es morsch nach Tod.

Da überfällt den Wandrer banges Schweigen
Und tiefes Weh um Schönheit, die verdirbt.
Herr, nimm mich fort aus diesem letzten Glühen
Und laß mich sterben, eh mein Sommer stirbt.







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