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Aus der Welt der Literatur



2005-07-09
Denn der Wind kann nicht lesen (Richard Mason / Zsolnay Verlag)

Mason schrieb das Buch als Soldat, zog mit dem Manuskript seines ersten Romans im Marschgepäck durch den Dschungel in Indochina, während er als britischer Armeeangehöriger gegen die japanischen Truppen kämpfte. Das Buch mit seiner behutsamen Schilderung der tragischen Liebe zwischen einem englischen Soldaten und einer vom Krieg in der Fremde überraschten Japanerin machte ihn seinerzeit über Nacht weltberühmt.

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Textauszug:

„Bitte, Lieber, wie lange kannst du mich noch lieben? Meinst du, ein halbes Jahr ist zu lange?“
„Ist das alles, was du verlangst?“
„Ich wär´ sehr froh, wenn das sein könnte, denn es wäre mehr, als ich verdiene. Könntest du versprechen, mich ein halbes Jahr zu lieben?“
„Laß mich überlegen“, sagte ich. „Das geht bis zum nächsten Juni. Ja, ich glaube, das ließe sich einrichten.“
„Bitte, sag´, daß du es versprichst.“
„Ich verspreche es“, sagte ich.
„Danke dir, Lieber, du bist so gut und freundlich zu mir. Aber, bitte, vergiß nicht, du mußt es nicht halten, auch wenn du es versprochen hast.“
„Wenn ich verspräche, es nicht zu tun, so würde ich es doch tun, denn ich kann mich dagegen gar nicht wehren.“
„Ist das bestimmt so?“
„Bestimmt.“
„Dann bin ich froh, Lieber. Dann bin ich schrecklich, schrecklich froh.“

Sie lag vollkommen still, schloß ihre Augen, und ihre Wimpern waren lang und schwarz auf der seidigen weißrosa Haut. Das satte Licht der Nachttischlampe fiel sanft auf ihr Gesicht und holte die zarten rotbraunen Farben aus ihrem schwarzen Haar heraus. ich führte meine Lippen leicht über ihr Gesicht und küßte ihre kleine Plattnase. Ich dachte, sie schliefe. Es fiel mir ein, daß wir in dieser Nacht keine Trommeln gehört hatten, und ich war froh, denn es war ein unheimlicher, unheilvoller Klang. Plötzlich aber, gerade als ich das dachte, begannen sie. Außer ihnen klang nichts durch die Nacht, nur dieser starke, einfache, zäh unabänderliche Rhythmus, der in dem Raum widerhallte, als käme er direkt von der Straße herauf. Ein leichter Schauder überlief mich. Ich begriff jetzt, warum Sabby gesagt hatte, daß sie Angst bekam, wenn sie dieses Trommeln hörte. Es war wild, voll von Todesdrohung, unerbittlich. In furchtbarer Monotonie ging es weiter, nur gelegentlich sich zu einem triumphierenden Fanfarenton steigernd, dann wieder abfallend zu hohlem Getön.

Ich lauschte und starrte zur Decke. erst als ich mich umwandte, um das Licht abzudrehen, sah ich, daß Sabby nicht schlief. Sie weinte ganz still und ohne das Gesicht zu verziehen vor sich hin, dicke Tränen liefen aus ihren dunklen Augen und hinterließen Spuren auf ihrem Gesicht. Sie hatte den kopf nicht bewegt, und so war dort ein kleiner nasser Flecken auf dem Kissen, wo die Tränen versickerten.

(Das Buch ist zur Zeit nicht mehr im aktuellen Buchhandel zu erwerben; Interessenten wenden sich zweckmäßigerweise an das Internetportal „Verzeichnis antiquarischer Bücher“, aufzufinden in der Linkliste des „Literarischen Cafes“.)



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