Die faszinierende Welt des Wortes
Aus der Welt der Literatur
Top-Ten der Belletristik
Buch des Monats
Kontakt
Links
Kritikus
In eigener Sache
Login



Kritikus


09.07.2006 Ingeborg-Bachmann-Preis 2006 .......2. Folge

Literarische Zeilen als Auftragsarbeit? Zielgerichtete, zweckgebundene Abfassung belletristischer Texte? Um nicht irgendeiner, sondern einer bestimmten Jury einen Literaturpreis abzunehmen, deren Literaturverständnis hinlänglich bekannt ist?

Die Preisträgerin 2006, Kathrin Passig, gab freimütig bekannt, nach ihrem letztjährigen Besuch des Klagenfurter Wettbewerbs habe sie sich gedacht: „Das kann ich auch.“ Also hätte sie sich an die Arbeit gemacht, habe die größten Fehler vermieden, habe versucht, keinen komischen Text zu schreiben und nicht über Beziehungsprobleme.

Zum besseren Verständnis muß man wissen, daß Passig, die bisher literarisch nicht sonderlich auffällig war, einer denk- und merkwürdigen Vereinigung angehört, die unter „ZIA“ (für „Zentrale Intelligenz Agentur“) firmiert und sich mit Berufsbezeichnungen umgibt, die der untergegangenen DDR entlehnt sein könnten. Da ist die Rede von „Agenten“, „Inoffiziellen Mitarbeitern“, selbst „Schläfer“ tauchen im Vokabular auf. Das eigentliche Betätigungsfeld des Vereins bleibt, auch nach Durchsicht des Internetauftritts, in großen Teilen nebulös. Kaum vorstellbar, daß es nennenswerte Grundlage der wirtschaftlichen Existenz seiner Betreiber sein könnte.

Ein besonderes Interesse entwickelten die Agenten allerdings erkennbar für die Klagenfurter Literaturtage, besser gesagt, für die dort alljährlich hinter hölzernen Kisten plazierten und dozierenden Juroren. Erfolgreich, wie sich zeigte, wurden doch bereits 2004 und 2005 Mitarbeiter der "ZIA" mit Ehrungen ausgezeichnet, die neben dem Preis der Namensgeberin zusätzlich verliehen werden.

„Mission erfüllt“, heißt es nun nach Passigs Streich im „Lagebericht“ der Internetseite der „ZIA“, und es bleibt dem Leser überlassen, ob er darin Hohn und Spott oder doch nur einen Arbeitsbericht erkennen will. Dort gibt´s auch noch die Redebeiträge der Jurymitglieder zum prämierten Text in bewegten Bildern zu besichtigen. Im Licht der Erkenntnis ein Erlebnis der besonderen Art.
Nachlesen läßt sich dort auch, daß die Protagonistin ihren Coup unter der Devise startete, daß jedes Jahr ein Vertreter ihres Clans in Klagenfurt einen Preis – wörtlich – „abräumen“ muß.

zurück


    


Impressum