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23.08.2010 Deutsche Literaturszene .....Pin-up-Fotos ...... xte Folge ....

Da ist wieder eines, eines dieser Autorinnenfotos. Unübersehbar, mindestens so groß wie der umgebende Rezensionstext. Farbfoto, Portrait, Strahlefrau. 18 cm breit, 16 cm hoch, an sündhaft teurem Platz, im Feuilleton einer der großen Tageszeitungen. Die Frau sieht wirklich gut aus, Mittdreißigerin, adrett gekleidet, offenes Lächeln, tolle Zähne, tolle Frau, keine Frage.

Zu was nun soll das Foto nützen? Für irgendwas ist es doch gedacht, denn sonst könnte man es gleich weglassen. Also wozu, wofür? Das Buch soll gelesen werden, es soll gekauft werden, zumindest soll Aufmerksamkeit darauf gelenkt werden. Das signalisiert bereits die Auswahl des Rezensenten, das ist die Botschaft.
Noch mal: Weshalb das großformatige Foto? Weil vom Aussehen der Frau, von ihren Augen, ihrem Mund, ihrem Gesicht, auf den Inhalt ihres Buches geschlossen werden soll? Wer ist sie? Was hat sie erlebt? Wo kommt sie her, wen kennt sie, mit wem ist sie zusammen? Was gibt´s vielleicht noch Geheimnisvolles bei ihr zu entdecken? Was mag sie im Bett treiben? Schreibt sie vielleicht darüber, nicht von sich selbst, aber wie sie´s vielleicht gerne hätte? Oder wünscht sie sich´s so, wie sie darüber schreibt?

Eine schier unausrottbare Überlegung spukt wohl im Kopf derjenigen herum, die solchermaßen in Autorenfotos verliebt sind: Text gleich Autorenvita. Die Autoren schreiben, wie sie aussehen. Und dabei liegen jene Rezensenten nicht einmal so grundlegend falsch, jedenfalls bei Betrachtung der neueren deutschen Literatur. Dort schreibt man in der Tat bevorzugt über das eigene Umfeld, das eigene Leben, die eigenen Lebensumstände, verwechselt wieder und wieder Autobiographie mit Roman.

Ach so! Ja, das Buch, um das es geht. Franka Potente hat es geschrieben. Sie kennen sie nicht? Doch, sicher, bei längerem Nachdenken wird sie Ihnen wieder einfallen. Die Schauspielerin, die vor etlichen Jahren einen erfolgreichen Film machte, als Schauspielerin. „Lola läuft“. Alles klar? Ja, genau die.

Tobias Rüther von der FAZ, um dessen Rezension es hier geht, stellt eher beiläufig, aber wohlwollend zum Schluß die Frage: „Was bliebe von ihren Erzählungen, wenn man Japan einfach herausstreichen würde?“ Kritikus kann sie ihm beantworten: Nichts, denn ohne den Namen Potente hätte kein Lektorat das Manuskript überhaupt angefaßt, geschweige es denn zu Ende gelesen, die Erzählungen wären samt und sonders in den Reißwolf gewandert. So, wie Potente schreibt, schreiben in Deutschland Unzählige.

Bis heute sind übrigens Rüther und andere Bilderfreunde die konkrete Antwort schuldig geblieben, welch hehrem Zweck, dessen Schleier Kritikus sich bislang vergeblich zu lüften bemühte, denn nun tatsächlich ihre Fotos dienen sollen.

(„Zehn".Storys / Franka Potente) / Piper Verlag)



p.s.: Ein wahrer Albtraum für die Rezensentenzunft (....und alle Literatur-Juroren, für welchen Preis auch immer): Vorher nicht zu wissen, wer das Buch schrieb, ob Mann, ob Frau, ob jung, ob alt, aus welchem Land, mit welchem Werdegang, aus welchem Verlag. Nicht mal ein Foto zur sinnigen Betrachtung.






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