Kritikus
12.10.2008 Deutscher Buchpreis 2008.....
Bodo Kirchhoff machte im Vorfeld der Verleihung des Deutschen Buchpreises 2008 den revolutionären Vorschlag, alle Texte der Jury nur noch in anonymisierter Form zur Bewertung vorzulegen. So ganz neu ist diese Idee allerdings auch wieder nicht; „Kritikus“ nahm sich ihrer bereits vor Jahren an. Eine reale Chance auf Verwirklichung bestand indes nie, und daran wird sich auch in Zukunft wohl nichts ändern.
Schon allein die Vorstellung muß den Juroren den Schweiß auf die Stirn treiben: nicht zu wissen, aus welchem Verlag der Text stammt, woher der Autor kommt, wie alt er ist, ob ein „Er" oder eine „Sie“, aus welchem Land, ob ein Studium vorliegt und welches, welche Preise schon vorhanden sind, welche Agenten involviert sind, ob sonstige Auffälligkeiten und Besonderheiten vorliegen? Am Ende womöglich den falschen Kandidaten, das falsche Buch bedacht, sich eine – aus Sicht der Szene – fulminante Blamage oder Peinlichkeit eingehandelt zu haben?
Kirchhoff zählte bislang noch nicht zu den Preisträgern. Und nach diesen für den Literaturbetrieb geradezu ketzerisch anmutenden Äußerungen, obwohl von ihm behutsam als „Utopie“ ins Spiel gebracht, haben sich seine zukünftigen Erfolgsaussichten wohl nicht gerade verbessert. Respekt, Herr Kirchhoff!
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