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Buch des Monats


Hier stellen wir Ihnen "Das Buch des Monats" vor. Die Auswahl erhebt keinen Anspruch auf Allgemeingültigkeit, sie orientiert sich auch nicht an den gängigen Publikationen über die aktuelle literarische Szene, sondern spiegelt einzig und allein die subjektive Meinung und das Literaturverständnis der Redaktion wider.

Wir werden uns zwar immer alle erdenkliche Mühe bei unserer Auswahl geben. Gleichwohl können wir nicht ausschließen, daß unser ausgesuchtes Buch des Monats nicht immer ungeteilten Beifall findet. Doch dieses Risiko wollen wir in Kauf nehmen.




Das Buch des Monats Dezember 2009
Titel: Begegnung in Samarra
Autor(en): John O´Hara
Verlag: C. H. Beck (320 S., € 19,90)
ISBN-Nr.: 3-406-55751-4

John O´Hara (1905 – 1970) schrieb ein gutes Dutzend Romane und ein paar Hundert Kurzgeschichten dazu. Mit „Begegnung in Samarra“ („Appointment in Samarra“) debütierte er 1934, avancierte in Amerika bald zu einem der populärsten Schriftsteller. Das Werk zählt inzwischen zu den bedeutendsten Romanen der Weltliteratur, machte den Autor unsterblich. Noch ein weiterer Roman – „Butterfield 8“ – ragt, was die Bekanntheit betrifft, aus seinem Schaffen heraus, erreichte jedoch zu keiner Zeit das Aufsehen und Ansehen, das seinem Debütroman zuteil wurde und immer noch wird.

Die fiktive Geschichte, die O´Hara erzählt, ereignet sich 1930, erstreckt sich über drei Tage um Heiligabend. Den Ort, in dem er die Dinge geschehen läßt, nennt er Gibbsville, und niemand zweifelte je daran, daß er damit Pottsville / Pennsylvania meint, seine Heimatstadt und deren Menschen. Und deren Treiben zur Zeit der Prohibition, der großen Depression, der Wirtschaftskrise zwischen den Weltkriegen, beschreibt er unaufgeregt, in einem wenig an- und abschwellenden Erzählstrom. Es geht um die Bessergestellten, die Oberschicht in einer Kleinstadt und deren Subkulturen, Verlogenheiten, um ihre Netzwerke, die sie in ihren Clubs pflegen, um ihre mafiösen Durchtriebenheiten.

Es passiert nichts Schreckliches, im Grunde nur Banales an diesen Weihnachtstagen des Jahres 1930. Doch es ist die unvergleichliche Art, wie O´Hara die Belanglosigkeiten einer Gesellschaft darstellt und geißelt, die über ihre kleine Welt der Provinzstadt hinaus kaum irgendwo sonst noch eine nennenswerte Rolle spielt. Einer aus dieser Ansammlung der halbwegs Arrivierten begeht in einem unbedachten Augenblick eine eher läßliche Missetat, mehr ein Fauxpas denn ein wirkliches Vergehen. Doch damit setzt er in seinem Umfeld ein verhängnisvolles Räderwerk in Gang, das niemand mehr aufzuhalten vermag und ihn am Ende schicksalhaft überrollt.

O´Hara machte sich in Pottsville durch das vermutlich stark autobiographisch geprägte Buch, in dem sich viele wohl wiedererkannten, zeitlebens nicht beliebt. Er mied seine Heimatstadt jahrelang, hatte ein unstetes Leben, arbeitete in vielen Jobs, unter anderem als Journalist, doch nirgendwo hielt es ihn lange; es gab Rauswürfe wegen Unpünktlichkeit und Starrköpfigkeit. Auf seinem Grabstein liest man eine ungewöhnliche Inschrift: „Besser als jeder andere erzählte er die Wahrheit über seine Zeit, die erste Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts. Er war ein Profi. Er schrieb ehrlich und gut.“ Nie wollten die Stimmen verstummen, der Spruch stamme aus seiner eigenen Feder.

Vorangestellt, sozusagen als Prolog, findet sich eine nur wenige Zeilen lange Erzählung von William Somerset Maugham. Nur in ihr taucht der titelgebende Name „Samarra“ auf, sonst an keiner einzigen Stelle mehr. „Samarra“ steht in Maughams Text für einen besonderen Ort: in ihm trifft man den Tod.

Kein Geringerer als John Updike schrieb ein bemerkenswertes Nachwort zu O´Haras wichtigstem Buch.







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