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Buch des Monats


Hier stellen wir Ihnen "Das Buch des Monats" vor. Die Auswahl erhebt keinen Anspruch auf Allgemeingültigkeit, sie orientiert sich auch nicht an den gängigen Publikationen über die aktuelle literarische Szene, sondern spiegelt einzig und allein die subjektive Meinung und das Literaturverständnis der Redaktion wider.

Wir werden uns zwar immer alle erdenkliche Mühe bei unserer Auswahl geben. Gleichwohl können wir nicht ausschließen, daß unser ausgesuchtes Buch des Monats nicht immer ungeteilten Beifall findet. Doch dieses Risiko wollen wir in Kauf nehmen.




Das Buch des Monats April 2016
Titel: Der Überläufer
Autor(en): Siegfried Lenz
Verlag: Hoffmann und Campe / 364 S. / € 25,00
ISBN-Nr.: 3455405705

Lenz schrieb den Roman nach Irrungen und Wirrungen mit seinem Verlag in der Endfassung 1952, veröffentlicht wurde er dagegen erst kürzlich, anderthalb Jahre nach dem Tod des Autors 2014. Man fand das abgeschlossene und von Lenz mehrfach überarbeitete Manuskript in seinem Nachlaß.

In bemerkenswerter Offenheit legt nun der Verlag Hoffmann und Campe im Nachwort des Buches dar, was seinerzeit zur Nichtveröffentlichung des Manuskriptes des 26jährigen Nachwuchsschriftstellers führte; es wäre nach seinem überaus erfolgreichen Erstling „Es waren Habichte in der Luft“ sein zweiter Roman gewesen. Dabei wird auch deutlich, welche nicht immer segensreiche Rolle Lektorate, oft im Verbund mit anderen unglücklichen Umständen, im Leben von Autoren spielen können. Angeblich, so wurde Lenz bedeutet, paßte seine Geschichte um einen zur Roten Armee überlaufenden Wehrmachtssoldaten, nur wenige Jahre nach Kriegsende, angesichts des im inzwischen im vollen Gange befindlichen Kalten Krieges zwischen Ost und West, nicht in die politische Landschaft. Er würde sich als Autor selbst schaden mit einem derartigen Stoff zu dieser Zeit; das wurde ihm tatsächlich entgegengehalten.

Wie sehr Lenz sich getroffen gefühlt haben muß, macht der Umstand deutlich, daß er, auch nach dem Tod des verantwortlichen Lektors, nie wieder den Versuch einer Veröffentlichung machte, das Manuskript allerdings aufbewahrte. Das Deutsche Literaturarchiv in Marbach, dem Lenz ein halbes Jahr vor seinem Tod seinen gesamten schriftstellerischen Nachlaß vermachte, entdeckte schließlich dieses – man darf es so nennen – Juwel eines Anti-Kriegs-Romans, der gewiß zukünftig in einem Atemzug mit Remarques „Im Westen nichts Neues“ und anderen Klassikern dieses Genres genannt werden darf.

Dem Verlag Hoffmann und Campe hielt Lenz im übrigen zeitlebens die Treue, eine Haltung, ein Charakterzug, wie es typischer für Lenz nicht hätte sein können.



Hinweis:
Vorherige "Bücher des Monats" können Sie weiterhin in unserem Archiv einsehen.




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